Hervorgerufen
durch die strategisch wichtige Lage der Stadt Wilhelmshaven, begann
man hier wie auch in anderen Städten sehr intensiv, sich mit
dem Schutz der Bevölkerung bei möglichen Luftangriffen auseinanderzusetzen.
Man wusste bereits Mitte der 1930er Jahre, dass Wilhelmshaven ein
begehrtes Ziel feindlicher Flieger sein würde, träte der
Kriegsfall ein. Der Bau von Bunkeranlagen begann in Wilhelmshaven,
einem Luftschutzort erster Ordnung, bereits Anfang 1939 mit der Errichtung
von lediglich splittersicheren, kleinen verklinkerten Rundtürmen
mit zwei Ebenen und geschützten Eingangsvorbauten (die Wände
bestanden komplett aus Mauerwerk, die Decken aus Stahlbeton), welche
unter anderem gehäuft in der ehemaligen "Adolf-Hitler-Siedlung"
zwischen Banter Weg und Werftstraße (heute Teil vom Jadeviertel),
sowie in den äußeren Ringgebieten wie zum Beispiel Rüstersiel,
Himmelreich / Coldewei und Fedderwardergroden an der Posener Straße
17 standen.
Weitere
Türme befanden sich unter anderem mehrfach an der Grenzstraße,
sowie einmal an der Börsenstraße Ecke Grenzstraße,
an der Marktstraße 184 und an der Adolfstraße. Einige
der Bauten dieses Types sind noch heute erhalten, zwei wurden zu Wohnungen
beziehungsweise Freizeiträumen umfunktioniert. Beinahe zeitgleich,
im Frühjahr 1939, wurde der erste Wilhelmshavener Luftschutzturm
auf dem Gelände der ehemaligen Marine-Wasserwerke / Hafenbauhof
an der damaligen Kaiserstraße, heute Weserstraße, fertig
gestellt (Baubeginn wohl bereits Mitte 1938). Der Turm war als bombensicher
eingestuft, was zumindest auf die Verhältnisse der frühen
Kriegsjahre zutreffen sollte, war von der Form her 16-eckig, in der
Gesamterscheinung raketenähnlich mit abgerundeter Kuppel (eine
Ähnlichkeit zum Patent "Winkel"
des Architekten Leo Winkel bestand) und hatte splittergeschützte
nach oben hin abgeschrägte Eingangsschutzbauwerke (diese wurden
nachträglich im Krieg angebaut und verstärkten die raketenähnliche
Erscheinung noch). Ursprünglich wurde der Turmbunker aus Versuchsgründen
erbaut.
Der Turm
wurde nach dem Krieg ansatzweise entfestigt und in den 1970er Jahren
abgerissen. Das Besondere war der Beobachtungsstand mit integrierter
Metallsplitterschutzzelle auf der Turmkuppel. Ein Bunker der gleichen
Bauart entstand nur kurze Zeit später auf dem Kriegsmarinewerftgelände
an der Ostkaje ("Kettenlager") in Höhe der heutigen
Jachmannbrücke. Nach dem Krieg gesprengt, wurde die nach den
Abtragungen verbliebene Dachkuppel Ende der 1970er Jahre entfernt.
Des weiteren wurden Mitte 1939 bis unmittelbar vor Kriegsbeginn diverse
Erd-Deckungsgräben, sowie die ersten Feuerlöschteiche ausgehoben.
Die Gräben hatten lediglich eine geringe Splitterschutzwirkung
und waren in keiner Weise verstärkt, weshalb sie besonders durch
die nach Regenfällen aufgeweichte Erde sehr kurzlebig waren,
da sie einfach zusammenfielen. Unter anderem am Wilhelmshavener Rathaus
sollen diese Gräben gehäuft ausgehoben worden sein.
Viele
Keller waren inzwischen verstärkt worden und zu provisorischen
Luftschutzkellern ausgebaut worden. Die Wilhelmshavener ahnten, daß
es Krieg geben könnte. Der Bau der Gräben, der verklinkerten
Rundtürme und des Hafenbauhof-Turmes sorgten für Beunruhigung
in der Bevölkerung...
Und der
Kriegsausbruch kam am 1.September des Jahres 1939.
Bereits
am 4. September 1939, einen Tag nach der Kriegserklärung britischer
und französischer Seite, fand der erste Angriff auf Wilhelmshaven
statt. Dabei stürzte ein brennender feindlicher Jagdbomber auf
die Deckaufbauten des kleinen Kreuzers Emden, der zu dem Zeitpunkt
an der Wiesbadenbrücke (Kohlenzunge) lag. Darauf setzte eine
einmalige panikartige Flucht der Bevölkerung aufs Land ein. Sie
kehrte jedoch bald wieder zurück und wurde von da ab Schritt
für Schritt, Alarm um Alarm auf die Katastrophe vorbereitet,
welche in den nächsten Jahren kommen sollte. Von nun an musste
sich die Bevölkerung an Verdunklungsverordnungen und Lebensmittelrationierungen
gewöhnen. In beinahe sechs darauf folgenden Jahren sollte Wilhelmshaven
zu den am meisten durch Luftkriegseinwirkung zerstörten Städten
im Bereich des heutigen Niedersachsen, wenn nicht sogar in ganz Deutschland,
gehören.
Am 5.
September 1939 trafen sich in einem Wilhelmshavener Cafe acht Hochbauamtmitarbeiter.
Es fand hier sozusagen die erste Sitzung des Wilhelmshavener Luftschutzbauamtes
statt. Schnell war man sich klar darüber, dass der bereits existierende
Schutz durch die wenigen Rundbauten und Gräben, sowie der einzelnen
Anlagen für Partei und Kriegsmarine niemals ausreichen würde,
um die Wilhelmshavener Bevölkerung ausreichend zu schützen.
Zumindest im Stadtteil Bant wurde deshalb im Rahmen eines Sonderbauprogrammes
durch die Kriegsmarine zügig damit begonnen, splittersichere
Behelfsbunker zwischen den Werfthäusern ihrer Arbeiter zu errichten.
80 dieser provisorischen Bauten wurden unter Mühen fertig gestellt.
73 von
ihnen sind bis heute erhalten geblieben, einer davon lediglich zur
Hälfte. Viele wurden nach 1945 umfunktioniert. Man veranlasste,
dass Gebäude getarnt wurden, helle Flächen wurden dunkel
gestrichen. Gasschleusen wurden in Luftschutzkeller integriert, aus
Angst vor möglichen Giftgasangriffen. Fenster der Keller wurden
mit Sandsäcken geschützt, sowie durch Betonblenden verstärkt.
Gleiches galt für viele Kellereingangsbereiche. Als weiteres
wurden Durchbrüche zu Nachbarkellern geschaffen, um im Fall des
Einsturzes eines Hauses die Flucht der Kellerinsassen ins Nachbarhaus
zu ermöglichen. Ein Problem im Gegensatz zu anderen deutschen
Städten war der hohe Grundwasserspiegel. Dementsprechend waren
weniger Häuser unterkellert, als dass es optimal gewesen wäre.
Dennoch
entstanden ungefähr 7000 LS-Keller für die Bevölkerung
im direkten Stadtgebiet (ohne Vororte), welche den geltenden Vorschriften
entsprachen. Die Tatsache des Grundwasserspiegels ist auch der Grund,
warum in Wilhelmshaven sehr wenig Tiefbunker entstanden (unter anderem
der heute mit einer Sporthalle überbaute Bunker Banter Markt,
der Bunker unter der Alten Torpedowerft, der Bunker Wiesbadenbrücke
und der unter dem Vorplatz der Halle des Städtischen Verkehrsbetriebes
gelegene Bunker Admiral-Klatt-Straße).
Nachdem
im Frühherbst 1940 erste Angriffe der RAF (Royal Air Force) auf
die Reichshauptstadt Berlin erfolgten, erließ Adolf Hitler als
Folge die so genannte Führerweisung, auch "Sofortprogramm"
genannt, das "Führerbauprogamm zur Errichtung von bomben-
trümmer- und splittersicheren Bunkern" (damit sind Bauwerke
gemeint, die gegen alle drei aufgeführten Punkte sicher waren).
Die deutschen
Städte und Ortschaften waren schon vor dem Krieg in luftgefährdete
Orte (Luftschutzorte) erster, zweiter und dritter Ordnung aufgeteilt
worden. Orte erster Ordnung waren so genannte "Bunkerstädte",
in denen bombensichere Luftschutzanlagen im Rahmen des Selbstschutzes
(Schutz der Zivilbevölkerung) errichtet werden durften. Aus diesem
LS-Bauvorhaben entwickelten sich drei Bauwellen, die erste Welle,
die zweite Welle und zur Mitte des Krieges die dritte Welle (auch
Zusatzprogramm genannt). Albert Speer, Hitlers Architekt, wurde zunächst
mit der Aufgabe betraut, Pläne zu entwerfen, später auch
die Organisation Todt, welche dann neben Speer ebenfalls den Bau durchführen
ließ.
Luftschutzbunker sollten sich harmonisch in das Städtebild einfügen.
Sie sollten Standhaftigkeit, Wehrhaftigkeit, die Ausstrahlung eines
Monumentes verdeutlichen. Aufgrund der Führerweisung setzte auch
in Wilhelmshaven der Bunkerbau ab Oktober 1940 ein. Am 23.10.1940
wurde beschlossen, mit dem Bau in den am meisten gefährdeten
Stadtteilen Tonndeich und Heppens zu beginnen. In den darauf folgenden
Jahren entstand bis Mitte 1944 eine Unzahl von Luftschutzbauten...
Im späten
Kriegsverlauf wurde nur noch wenig Wert auf Ästhetik gelegt:
Teils,
weil sowieso in der Umgebung des zu bauenden Bunkers nur noch Trümmer
und Bombentrichter anzufinden waren und keine Wohnbebauung mehr, in
die der Bunker sich hätte einfügen können.
Teils, weil
Zeit, Beton und Gelder nicht mehr vorhanden waren.
Im gesamten
Stadtgebiet entstand unter anderem eine Serie von beinahe bauartgleichen
kleinen Rundtürmen mit einer Ebene, Spitzdach und von außen
zu öffnendem Notausgangsblock aus Beton. Er musste von Rettungskräften
nach Angriffen, falls die Eingangstür versperrt war, mit Lastmaschinen
herausgezogen werden. Die Haken aus Stahl befinden sich teilweise
noch heute an der Außenseite der Notausstiege. Nachteil dieser
Rundbauten war der nicht vorhandene Splitterschutzvorbau am Eingangsbereich.
Lediglich im Inneren war hinter der Tür eine Betonwinkelwand
als (fast wirkungsloser) Schutz vorhanden. Die Bevölkerung konnte
auf an den Innenseiten angebrachten Bänken Platz nehmen. Gut
ist der Aufbau dieser Bunker ohne ein "Betreten" an der heute noch
vorhandenen Fundamentplatte in einem Garten an der Sachsenstraße
Ecke Mühlenweg zu erkennen. Auch der ehemals vorhandene Mittelsäulenstandort
kann noch ausgemacht werden. Diese Rundbunker standen unter anderem
in der Stadtparkkolonie und an der Oststraße, einer diente der
NSDAP-Kreisleitung im Hof des Robert-Koch-Hauses als Schutz, einige
standen auf Schulhöfen, davon drei im Bereich Franziskusschule
/ Schule Bremer Straße.
Noch
heute sind diese Bauten vereinzelt vorzufinden, teilweise friedlich
unschuldig bemalt. So genannte Einsatzbunker wurden in Siebethsburg
nahe dem LS-Turm Edzardstraße, am Altengrodener Weg, in Rundum
und auf der Bauwerft errichtet. Sie waren jedoch im Falle Altengrodener
Weg und Rundum angedeutet 16-eckig. Sechs andere bauartgleiche Rundbauten
entstanden durch die Kriegsmarine im Stadtgebiet und im nahen Umkreis:
Am Manteuffelplatz, an der heutigen Jadewerft (am ursprünglichen
Bootsschuppen sowie am Ressortgebäude 4) und zweimal am Lager
Totenweg (Funkpeilstation). Der sechste Rundbunker wurde an der Einfahrt
zum Werksgelände des Sander Stahlguss errichtet. Sie besaßen
wiederum Splitterschutzvorbauten vor den Eingängen. Das alte
Pumpwerk, gegenüber der Jadewerft an der Deichbrücke, wurde
verbunkert (Notpumpwerk).
In fast
allen Stadtteilen entstanden große Hochbunker (auch Luftschutzhäuser
oder Klotzbunker genannt). Genau wie die großen Luftschutztürme
mussten sie auf einer Unzahl von Holzpfählen gegründet werden.
Der weiche Marschboden erforderte diese Maßnahme, da die Bunker
sonst zwangsläufig versackt wären. In unserer Region war
dies auch beim Bunkerbau in Emden der Fall. Fünf voll ausgerüstete
OP-Bunker wurden gebaut. An der Virchowstraße am Städtischen
Krankenhaus, am alten Stadtkrankenhaus (Werftkrankenhaus), am Marinelazarett
(runder Luftschutzturm, dieser Bunkertyp wurde sehr selten als OP-Bunker
verwendet), am St. Willehad-Hospital und in Sanderbusch am Krankenhaus
(Marinelazarett). Auch eine Bunkeranlage auf dem Kriegsmarinewerftgelände
in Höhe des Werftarbeiteramtes gegenüber der Torpedokaserne
besaß teilweise OP-Einrichtungen. Die OP-Bunker sollten Schutz
für das Personal und Patienten bieten, sowie Operationen auch
während der Angriffe ermöglichen. Noch heute sind zwei dieser
Anlagen bedingt als Hilfskrankenhäuser eingerichtet, der Bunker
am St. Willehad-Hospital und am heutigen Nordwest-Krankenhaus in Sanderbusch.
Die
Hochbunker hatten verschiedene Ausmaße. Sie fügten sich
durch ihre Bauweise am Anfang recht ästhetisch ins Stadtbild.
In der flach bebauten Siedlung Bant entstanden zweigeschossige Bunker.
In anderen, höher bebauten Stadteilen, drei- bis viergeschossige
Anlagen. Drei Bunker mit Spitzdach wurden errichtet. Am Banter Weg,
der Heppenser Straße und dem Heppenser Berg. Dieser dient heute
neben dem Bunker Westbahnhof im für den Ernstfall bereitgestellten
Zustand dem Zivilschutz. Deckungsgräben in betonierter Form wurden
errichtet in Fedderwardergroden, an der Schule Neuende, am Gartenweg,
am Potenburger Weg, an der Klinkerstraße und zweimal am Botanischen
Garten (ehemalige Grodenschule). Fünf der Gräben sind nachweislich
vorhanden. Der Deckungsgraben Potenburger Weg wurde im März-Mai
2006 entfernt.
So genannte
"Herzbruchstollen", benannt nach dem Konstrukteur, wurden elfmal im
Stadtgebiet zwischen 1939 und 1940 errichtet. Nach dem Patent zu urteilen
konnte der runde Hauptbunkerkörper durch mehrere Eingangsbauwerke
betreten werden. Acht dieser Anlagen wurden beseitigt. Erwähnenswert
sind auch die beiden Hochbunker, welche bauartgleich an der Paulstraße
und der Marktstraße West entstanden. Ein weiterer fast identischer
Bunker wurde an der Grenzstraße circa 70 Meter nördlich
der heute nicht mehr existierenden "ABC-Straße" errichtet.
Interessant sind zwei Hochbunkerpaare, welche jeweils auf dem Gelände
der ehemaligen UTO-Werft / Westwerft und am Wildvangweg errichtet
wurden. Sie beherbergten der Flakverteidigung zugehörige Leitstellen
und waren Regelbauten wie jene des Atlantikwalles (wohl Regelbau FL
354 / FL 354A, Regelbau R 661).
Eine Vielzahl
unterschiedlichster Kleinbunker wurde, teilweise auch privat, in allen
Stadtteilen erbaut.
Man
setzte auch nach Kriegsbeginn hohen Wert auf den weiteren Aushub von
Feuerlöschteichen. Dieses Teichnetz galt aber erst im Jahre 1943
als weitgehend vollendet. In den Vorstadtsiedlungen ("Siedlungszellen")
von Wilhelmshaven entstanden so genannte "Zellenbunker". Jeder Vorstadtteil
hatte "seinen / seine" Bunker. Gut zu sehen ist das noch heute am
Beispiel Rüstersiel. Die Zellenbunker Sande, Sanderbusch und
Cäciliengroden (alle drei Orte ab 1943 dem Luftschutzkontingent
Wilhelmshavens zugehörig), Altengroden und Fedderwardergroden
wurden nicht mehr fertig gestellt. Das Musterbeispiel Mariensiel (ebenfalls
ab 1943 Wilhelmshaven unterstellt) wurde sehr zügig nach Kriegsende
gesprengt und in den 1970er Jahren dann bis auf den Keller und die
Zerschellerplatte beseitigt. Heute steht an seiner Stelle ein Mehrfamilienwohnhaus.
Flakstellungen
entstanden unter Führung der verbunkerten Flakleitstelle und
Luftverteidigungszentrale Rosenhügel unter anderem: Im Stadtpark
(Flak Kirchreihe), Fort Schaar (leichte Flak), Schaar, Schaardeich
nördlich Mariensiel (leichte Flak), "Grodenbatterie"
Neuengrodener Deich (leichte Flak), Fort Rüstersiel (leichte
Flak), Geniusbank, 4.Einfahrt (Raederschleuse), 3.Einfahrt, 2.Einfahrt,
1.Einfahrt, am Banter Seedeich (Flakgürtel Banter Seedeich /
leichte Flak, Flak Tirpitzhafen) von Mariensiel Ost bis zum heutigen
Grodendamm, sowie in Cäciliengroden, Fedderwarden (leichte Flak),
Sengwarden / Kaserne (leichte Flak), Fedderwardergroden ("Flakstellung
Rüstersiel") und Voslapp-Fort Altona (leichte Flak). Reste
einiger Bunkerstellungen sind teilweise noch zu erkennen.
Die Marine
legte im Stadtgebiet und Werftgebiet ihre eigenen Bunker an, welche
aber in späteren Kriegstagen teilweise auch der Zivilbevölkerung
offen standen. Dazu gehörten drei bauartgleiche runde Luftschutztürme
einer eigenwilligen, sehr riskanten Bauart mit aufgesetztem Turmbeobachtungsstand.
Ein Volltreffer hätte wahrscheinlich durch den Schwachpunkt des
Beobachtungsstandes ein Massaker im Inneren verursacht. Zwei Türme
standen an den Landungsufern des Fliegerdeiches und einer im Werftgelände
zwischen Kesselschmiede 1 und 2. Alle drei Bauten wurden nach dem
Krieg restlos abgetragen. Es wurde fünfmal der standardisierte
Truppenmannschaftsbunker 750 realisiert. Zwei Bauwerke sind noch heute
erhalten und sind wohl die markantesten Anlagen in Wilhelmshaven.
Es wurde der bis dato als Unikat geltende Truppenmannschaftsbunker
1500 in der Ebertstraße errichtet. Um Beton und Standortplatz
zu sparen, wurden zwei Mannschaftsbunker 750 vereint. Der Hochbunker
bekam nach Fertigstellung den Propaganda- und "Aufmunterungsnamen"
in harten Tagen - "Trotz" - aufgesetzt.
Nur ein
weiterer direkt militärisch angelegter Bunker hatte offiziell
einen eigenen Namen: Der so genannte "Artilleriebunker"
auf dem Werftgelände an der Südkaje. Auch andere Bunker
im Stadtgebiet hatten mehr oder weniger offizielle Namen: So zum Beispiel
der so genannte "Göring-Bunker" (auch "Schwichow-Bunker"
genannt) hinter der heutigen Mozartstraße (die nahe Parkstraße
hieß damals Göringstraße), oder der "Hansa-Bunker"
an der Hamburger Straße. An der Hafenneubaukaserne "Hafenkaserne"
(Hafenneubaukommando) entstand sehr früh im Krieg ein Luftschutzturm
der seltenen Bauart Dietel. Er wurde nach dem Krieg gesprengt und
blieb in Schieflage bis in die 1980er Jahre erhalten. Im Wilhelmshavener
Volksmund bekam er den Namen "Schiefe Mütze". Zwei markante
runde Luftschutztürme wurden an der heutigen Kortekreuzung, Gökerstraße
Ecke Bismarckstraße, am damaligen Kurparkeingang errichtet.
Dazwischen lag das so genannte "Adolf-Hitler-Tor". Sie hatten den
Charakter einer mittelalterlichen Wehranlage.
Das Interessanteste
war der ungleichmäßig starke Prozentanteil an Luftschutztürmen
in Wilhelmshaven!
Weitere
bauartgleiche Rundtürme einer anderen Serie entstanden im näheren
Ringgebiet, Voslapp und in Sande am Bahnhof, jedoch nicht direkt im
Stadtkern Wilhelmshavens. Die Türme am Banter Weg Ecke Bremer
Straße, in Neuengroden Mitte-Süd an der Gökerstraße
und in Fedderwardergroden an der Elbinger Straße, der Weichselstraße
und der Dirschauer Straße wurden nicht fertig gestellt (auch
einige andere Bunker der Stadt wurden nicht fertig gestellt, ob dies
mit der im späteren Kriegsverlauf durch Evakuierung zurückgehenden
Bevölkerung zusammenhing, mit der Tatsache der Baustoffknappheit,
oder eines verordneten Baustoppes, kann nicht gesagt werden).
Die Luftschutztüme
hatten einen angesetzten Lüftungsturm und vor den Türen
Schutzvorbauten. Eine weitere 16-Eck-LS-Turmserie entstand (als Modifizierung
des Marine-Wasserwerke / Hafenbauhof-Turmes und seinem Zwilling auf
der Werft) auf dem Kriegsmarinewerftgelände Nord-West Höhe
Schiffbauhalle Tor 3 (dieser Turm verfügte über einen aufgesetzten
Beobachtungsstand und eine sehr flache Kuppel), an der ehemaligen
"Tausendmannkaserne", der Hafeninsel (beide ebenfalls mit
Beobachtungsstand und Flachkuppel), einmal in Heppens, zweimal auf
der UTO-Werft und viermal am Banter Lager. Diese Türme wurden
mit Spitzkuppel und teilweise mit integriertem Beobachtungsstand gebaut.
Gleichzeitig waren sie die höchsten LS-Türme in Wilhelmshaven,
weshalb sie leider bei Nahtreffern auch am meisten schwankten. Lediglich
der Heppenser Turm an der Norderneystraße hat die Nachkriegszeit
unversehrt überstanden.
An vielen
Luftschutztürmen lassen sich an den Außenwänden Metallstreben
finden, welche für die später vorgesehene Verblendung angebracht
wurden. Heute ist nur noch ein Beispiel von ursprünglich drei
reell klinker-verblendeten großen LS-Türmen vorhanden (nur
der Bunker der Flakleitstelle Rosenhügel wurde zusätzlich
ebenfalls vollständig verklinkert): An der Ecke Gökerstraße
/ Rheinstraße.
Drei
Luftschutztürme der Bauart Zombeck wurden sehr früh im Krieg
gebaut. Sie hatten im Gegensatz zu den anderen Türmen keine Geschosse,
sondern nur eine schneckenförmig nach oben laufende Rampenebene.
Die eindrucksvolle Ruine eines Zombeckturmes ist noch heute an der
Rheinstraße zu sehen. Die anderen Türme befanden sich auf
dem Friedrich-Wilhelm-Platz in Höhe des "Tor 1" und
gegenüber des Karstadtgebäudes (diese stellten die beiden
anderen klinker-verblendeten Großtürme in Wilhelmshaven
dar). Sie wurden bald nach Kriegsende gesprengt und beseitigt. An
der Marine-Nachrichtenstelle in Langewerth wurde von der Marine ein
modifizierter Truppenmannschaftsbunker 1100 errichtet. Er war der
erste Bunker außerhalb des Werftgeländes, welcher nach
dem Krieg von den Engländern gesprengt wurde (9.7.1949), leider
nicht ohne Verluste für die Nachbarbebauung.
Bis Ende
des Jahres 1944 und evenuell noch bis 1945 hinein (Bauprogramm zur
Verteidigung der Deutschen Bucht) entstand in Wilhelmshaven mit seinen
Vororten Sengwarden, Fedderwarden, Langewerth, Mariensiel, Roffhausen,
Middelsfähr, Cäciliengroden und Sande (alle ab 1943 unter
dem LS-Kontingent Wilhelmshavens geführt) die eindrucksvolle
Zahl von mindestens 1145 Luftschutzanlagen (eingerechnet
auch einige nachweisbar geplante Anlagen, nicht eingerechnet tausende
"einfache" äußerlich kaum oder nicht erkennbare
Luftschutzkeller im Stadtgebiet, sowie diverse nicht mehr ermittelbare
Standorte weiterer Anlagen), welcher es die Bevölkerung zu verdanken
hatte, dass die Rate an Luftkriegsopfern im Bereich Wilhelmshaven
mit 435 Toten im Vergleich zu anderen Städten verhältnismäßig
gering war. Mindestens 34 Millionen Reichsmark wurden für den
örtlichen LS-Bau ausgegeben. Der Luftschutzort Wilhelmshaven
war total verbunkert! Wilhelmshaven, die "Stadt aus Beton",
besaß im
Verhältnis zur Einwohnerzahl und Fläche die meisten Luftschutzanlagen
aller Städte Deutschlands.
![](whveinmarsch.jpg)
Einmarsch
der polnischen Exildivision am 6. Mai 1945 in Wilhelmshaven nahe Café
Hillmers...
In der
Nachkriegszeit wurden Anlagen auf Weisung der Besatzer hin gesprengt
und beseitigt, abgerissen (bis in die 1990er Jahre hinein), oder zu
Wohnhäusern umfunktioniert, wie in der Heppenser Straße
(heute Reinigungsfirma / Altenpflegeheim), am Bahnhof / Rheinstraße,
an der Störtebekerstraße, an der Kantstraße oder
an der Hamburger Straße. Ein Beispiel für "halbe Arbeit"
lässt sich noch heute in Form eines lediglich entfestigten "offenen"
Bunkers im Bereich Siebethsburg West / Sedan finden. Andere Bunker
wurden aufgrund des aufkommenden Kalten Krieges im Rahmen des Zivilschutzes
der Bundesrepublik Deutschland wieder hergerichtet.
Wilhelmshaven
muss damals zum Kriegsende derartig obskur verbunkert erschienen sein,
dass trotz der nachträglichen Entfernung vieler Anlagen jedem
neuzeitlichen Besucher der Stadt auch heute noch die vielen verbliebenen
Bunkerrelikte einer anderen, längst vergangenen Zeit sofort ins
Auge fallen!
Eine
Abschlussauflistung und Bewertung des Bunkerkontingentes in Wilhelmshaven
wird wohl nie erreicht werden, da in den letzten Kriegswochen 1945
sämtliche Akten nach Böhmen und Mähren ausgelagert
wurden und dort verbrannt sein sollen. Eine abschliessende Arbeit
über dieses Kapitel Wilhelmshavens zu erstellen, wird mit der
Zeit nicht leichter. Viele wertvolle Zeitzeugen werden bald nicht
mehr unter uns sein.
Deshalb
ist es jetzt wichtig, die Auseinandersetzung mit der Thematik am Leben
zu halten, um mit der Zeit eine annähernd authentische Arbeit
zu erstellen.
Dies
wird unser Ziel sein.
Wer mehr
über Wilhelmshavens Geschichte erfahren möchte, möge
das Stadtarchiv Wilhelmshaven, Bremer
Straße 78, 26382 Wilhelmshaven, besuchen. Dort findet sich eine
Fülle interessanter Informationen über die Historie dieser
Stadt.